Kostenvermeidung statt Kostensenkung

» Artikel veröffentlicht am 09.04.22, von

Immer mehr Gesundheitseinrichtungen verhängen Aufnahmestops und verschieben planbare Eingriffe, weil nicht genug Personal vorhanden ist. Die Ursachen sind nicht nur die Ausfälle, welche durch die Pandemie bedingt sind, sondern auch, dass Stellen nicht besetzt werden können.

Daraus ergeben sich zwei Fragestellungen: Wie konnte es dazu kommen und was ist zu tun?

Jeder kennt die jahrelangen Forderungen nach Kostensenkung im Gesundheitswesen. Dabei wurde vergessen, dass man zwar Kosten senken kann, aber dabei nicht die Prozessergebnisse in Diagnose, Therapie und Pflege verändern darf, wenn man eine optimale Gesundheitsversorgung gewährleisten will.

Als Kosten werden bekanntlich die notwendigen Ausgaben zu Fertigung eines Produktes oder zur Durchführung einer Dienstleistung bezeichnet. Eine der „notwendigen Ausgaben sind die Kosten für das notwendige Personal.

Natürlich sind die Bettenzahl eines Krankenhauses, die Verweildauer pro Klinikaufenthalt und die Beschaffungskosten für Investitionen und Verbrauchsmaterialen wichtige Faktoren der Wirtschaftlichkeit. Da aber die Personalkosten den Löwenanteil des Finanzbedarfes ausmachen, muss hier besondere Aufmerksamkeit gelten. Es ist fatal, wenn eine Klinik zusätzliches ärztliches und pflegerisches Personal benötigt, dafür mehr Planstellen schafft, diese aber nicht komplett besetzen kann und unter Berücksichtigung der Ausfälle weniger Personen verfügbar sind als für die Aufgaben -teilweise gesetzlich vorgeschrieben- benötigt werden.

Ob Gehaltserhöhungen allein helfen würden, die Abwanderung von professionellen, aber ausgepowerten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu stoppen, darf gefragt werden.

Vielleicht rächen sich hier die Schwachstellen unsere DRG-Abrechnung. Wenn planbare Operationen verschoben werden müssen, sinken die Erlöse. Das erschwert die Finanzierung der dringend benötigten, zusätzlichen Personalkosten.

Wenn die radikal abgesenkten Verweildauern überdacht würden, verringerten sich die Überlastung des Pflegepersonals und die Anzahl der „Burnouts“.

Wenn also auf der „Kostenseite“ etwas getan werden sollte, ist es vermutlich angebracht, statt mit „Kostensenkung“ besser mit „Kostenvermeidung“ zu argumentieren.

Eine Reduzierung und bestenfalls ein Wegfall der Mehrwertsteuer auf den Rechnungen, welche die Gesundheitswirtschaft zu zahlen hat, würde freie Mittel schaffen und Klinikbudgets und Krankenkassenleistungen entlasten. Für den Staatshaushalt würden vermutlich kaum Nachteile entstehen, weil die Mindereinahmen und das Verringern der Zuschüsse für das Gesundheitswesen an andere Stelle sich ausgleichen.

Wenn der Unsinn, „mit weniger Personal, in kürzerer Zeit mehr Leistungen zu erbringen“, endlich der Vergangenheit angehört, werden wir mehr leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen, die sich gerecht entlohnt und anerkannt fühlen.

Das haben die Menschen, welche diesen Dienst für unsere Patienten erbringen und auch die Patienten verdient.

 

Weitere Informationen zur Thematik finden Sie auch hier:

Mehrwertsteuer soll sinken: Krankenkassen fordern günstigere Medikamente – n-tv.de

 

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Lothar Wienböker

Geschäftsführer KKC e.V.

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