Parlamentarisches Frühstück in Berlin zur Medizinischen Versorgung im ländlichen Raum mit KKC und BVMW

» Artikel veröffentlicht am 20.12.19, von

Am 28. November lud das KKC-Präsidium gemeinsam mit der MittelstandsAllianz des BVMW Abgeordnete des Deutschen Bundestages zu einem Parlamentarischen Frühstück im Jakob-Kaiser-Haus Berlin ein.

Manfred Kindler und Heidemarie Hille vom KKC-Präsidium diskutierten die unbefriedigende Situation bei der Nachhaltigkeit von Pilotprojekten anhand konkreter Beispiele.

Der Erfolg vieler Fördermaßnahmen bei der Gesundheitsversorgung auf dem Lande versandet aufgrund mangelnder Koordination und länderübergreifender Umsetzung der Erfahrungen. Beim gemeinsamen Frühstück wurden einige Ursachen und Lösungsansätze herausgearbeitet, die im folgenden Beitrag vorgestellt werden.

BVMW-Referent Public Affairs Matthias Schenk wird die Anregungen im Rahmen von geeigneten BVMW-Veranstaltungen in den Regionen einbringen, siehe https://www.bvmw.de/veranstaltungen/ .

Seit Jahren werden immer wieder Studien durchgeführt, um die Versorgung in ländlichen Gebieten zu erforschen und die Unterschiede zu Ballungsräumen darzustellen. Mit jeder Studie gibt es neue Ideen zur Reduzierung der Ungleichheiten; es wurden daraus unzählige Pilotprojekte beauftragt, ausgewertet, mit viel Elan publiziert und dann in Schubladen gelegt.

Für das Gesundheitswesen gibt es in vielen Ministerien Teilzuständigkeiten. Diese Schnittstellen sind leider nicht miteinander abgeglichen. So ergeben sich immer wieder Situationen, in denen zum gleichen Thema von 2 Seiten diskutiert wird, es dadurch Teilergebnisse gibt, die nicht aufeinander aufbauen können, weil keine Abstimmungen erfolgten.

Seit Jahren ist bekannt, dass junge MedizinerInnen lieber in die Stadt wollen als etwa eine Praxis in irgendeinem Dorf zu übernehmen. Vielfältigen Diskussionen zur Entschärfung dieses Problems folgten für viele Regionen ähnliche Studien, ohne die Ergebnisse zusammenzuführen bzw. zu prüfen wie eine Umsetzung dieser Ergebnisse möglich ist. Schlagzeilen von Projekten erweckten schon 2014 die Hoffnung in ländlichen Gebieten die Ärzte vor Ort zu entlasten. Versorgungsassistenten z.B. sollten Hausbesuche machen, Patienten untersuchen, Spritzen geben oder Wunden versorgen. Das Land unterstützte die Fortbildung finanziell mit rund 300.000 Euro. In 2014/2015 sollten 180 solcher Assistenten ausgebildet werden. Wo sind die eingesetzt, was ist daraus geworden, gibt es Controlling – Informationen zur Umsetzung? Stattdessen plant man ein neues Projekt dieser Art: diesmal mit besonders auszubildenden Pflegekräften!

In einem Forschungsbericht der Modellregion Göttingen von 2015 wurde deutlich der Zusammenhang von Einsamkeit im Alter – zugleich ein medizinisch relevantes und präventiv zugängliches Gesundheitsrisiko beleuchtet. Erkenntnisse hieraus wie Schaffung von infrastrukturellen Voraussetzungen für Mobilität, ärztliche und pflegerische Gesundheitsversorgung, die Nutzbarkeit der modernen Kommunikationstechnologien sind kaum geplant, geschweige denn umgesetzt.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat 2014 eine Veröffentlichung zur Bedarfsgerechten Versorgung – Perspektiven für ländliche Regionen und ausgewählte Leistungsbereiche herausgegeben. Auch hiervon ist kein Ergebnis umgesetzt.

Ländlich geprägten Regionen bietet die Digitalisierung große Entwicklungschancen, um ihre Lebensqualität, Daseinsvorsorge und Zukunftsfähigkeit zu sichern. In 2018 wurde Gesundheit 4.0 auf dem Zukunftsforum in Berlin diskutiert. Was wurde seitdem umgesetzt?

Leider sind Telemedizinische Anwendungen bisher in vielen Teilen noch keine regelhaft abrechenbare Leistung. Und das obwohl z.B. Vorteile darin liegen, da z.B. Mehrfach-untersuchungen reduziert werden könnten, der Austausch zwischen den Fachärzten schneller passiert, Schnittstellenprobleme reduziert würden.

Neben Problemen der Interoperabilität der verschiedenen Insellösungen, sind vor allem die Nutzerorientierung und die Gewährleistung der Datensicherheit zentrale Anforderungen an diese Infrastruktur.

Um dem Risiko einer unzureichenden Gesundheitsversorgung auf dem Land frühzeitig vorzubeugen, entwickeln gerade Gesundheitsökonomen der Universität Bayreuth mit Partnern eine neue Strategie. Gesundheitsversorgung ist auch ein wichtiger Faktor, um ländliche Regionen vor Abwanderung zu schützen. Im Projekt „DataHealth – Flexible Patientendaten für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ untersucht man jetzt Möglichkeiten des digital unterstützten Transfers von Gesundheitsdaten.

Im Report „Ungleiches Deutschland: Sozioökonomischer Disparitätenbericht 2019“ wurden insgesamt 20 verschiedene Indikatoren in allen 402 Landkreisen und Städten Deutschlands untersucht. Als ein Ergebnis wurde die niedrigere Lebenserwartung von 79,5 Jahre in ländlichen Gebieten genannt, deutlich niedriger als im bundesdeutschen Durchschnitt. Damit wurden die Ergebnisse anderer Studien aus 2016 bestätigt. Das heißt: es hat keine Verbesserung der Situation in den betroffenen Gebieten gegeben.

In den im Juli 2019 durch die Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur „Umsetzung der Ergebnisse der Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘“ werden Gesundheit und Pflege mit keinem Wort erwähnt. Diese elementaren Bedürfnisse der Menschen sind einfach unbeachtet geblieben. Hier erwartet die Bevölkerung zu Recht eine Politik, die auch auf dem Lande für verlässliche Angebote sorgt.

Hören Sie auf alles 150%ig planen zu wollen! Starten Sie mit der Umsetzung vorhandener Ergebnisse. Beachten Sie das neue Versorgungsansätze in der Gesundheit übertragbar sein müssen. Eine kleine Anpassung an die unterschiedlichen Gegebenheiten der verschiedenen Regionen ist sinnvoller als Nichtstun. Dabei darf aber die staatliche Planung nicht zwingend nur unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen.

Die Dienstleister im Gesundheitswesen und vor allem die betroffenen Menschen der ländlichen Regionen werden es Ihnen danken.

Heidemarie Hille (Vizepräsidentin KKC)

 

 

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