Forscher präsentieren wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für richtiges Verhalten in der Corona-Pandemie

» Artikel veröffentlicht am 02.11.20, von

Mit Kontakt-Tracern, kleinen technischen Geräten, die den Teilnehmenden ausgehändigt wurden, haben Mitarbeiter am Corona-Forschungsprojekt RESTART-19 der Universitätsmedizin Halle (Saale) wissenschaftlichen Daten gesammelt und Luftströmungssimulationen durchgeführt. Diese Daten sind im Anschluss mehrere Wochen ausgewertet, modelliert, berechnet, überprüft und jetzt bekanntgegeben worden.

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:
• Die Gesamtzahl der mehrere Minuten langen kritischen Kontakte ist bei der Veranstaltung nicht sehr hoch und kann durch Hygiene-Konzepte erheblich reduziert werden.
• Insbesondere während des Einlasses und der Pausen finden viele Kontakte statt. Daher muss darauf der Fokus bei der Planung liegen.
• Schlechte Belüftung kann die Zahl der dem Ansteckungsrisiko ausgesetzten Menschen deutlich erhöhen.
• Rund 90 Prozent der Studienteilnehmenden finden es nicht schlimm, eine Maske zu tragen und sind bereit, dies weiterhin zu tun, um wieder Veranstaltungen erleben zu können. (Umfrage nach dem Konzert-Experiment)
• Bei Einhaltung von Hygiene-Konzepten sind die zusätzlichen Auswirkungen auf die Pandemie insgesamt gering bis sehr gering.

„Die Ergebnisse decken sich mit unseren Thesen insoweit, als dass wir vermutet haben, dass die Kontakte, die bei einer Veranstaltung erfolgen, nicht alle Teilnehmenden umfassen. Deshalb könnten Veranstaltungen unter bestimmten Bedingungen auch in der Pandemie-Situation stattfinden. Die wichtigste Erkenntnis war für uns, wie groß die Auswirkungen einer guten Belüftungstechnik sind. Diese ist für das Ansteckungsrisiko eine entscheidende Schlüsselkomponente“, sagt Studienleiter Dr. Stefan Moritz von der Universitätsmedizin Halle. Diese Erkenntnisse sind der Strömungssimulation zu verdanken, die gemeinsam mit einem Ingenieurbüro entstanden sind. „Wir haben zusammen mit einem Ingenieurbüro die gesamte Quarterback Immobilien Arena als Computermodell nachgebaut und in kleine Würfel geteilt. Danach haben wir simuliert, wie sich verschiedene Lüftungsvarianten auf die Aerosolversteilung ausgewirkt haben“, erklärt Moritz.

„Um die Auswirkungen der Übertragung auf die Ausbreitung der Epidemie in der Bevölkerung insgesamt zu untersuchen, haben wir ein detailliertes epidemiologisches Simulationsmodel entwickelt“, sagt Prof. Dr. Rafael Mikolajczyk vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik der Universität Halle. „Wir griffen dabei auf existierende Modelle zur pandemischen Planung zurück und haben es entsprechend angepasst.“

Anhand ihrer Erkenntnisse leiten die Forscher folgende Empfehlungen ab:
• Veranstaltungshäuser benötigen Belüftungstechnik, die eine gute Belüftung und einen regelmäßigen Raumluftaustausch mit frischer Luft ermöglicht. Sinnvoll ist die Erstellung eines Bewertungssystems für eine adäquate Raumlufttechnik.
• So lange die Pandemie anhält, müssen Hygiene-Konzepte weiterhin angewendet werden: Maskenpflicht in der Halle, Hygiene-Stewards zur Einhaltung der Standards.
• Der Bestuhlungsplan und somit die Gästezahl sollten an die Inzidenz angepasst werden.
• Als Zugang zu den Veranstaltungsorten sollten mehrere Eingänge vorhanden sein, um Besucherströme zu lenken. Wartezonen ins Freie verlagert werden.
• Während der Veranstaltung sollte an den Sitzplätzen gegessen werden, um Gedränge und lange Kontakte an Imbiss-Ständen zu vermeiden.

„Wir waren vom Konzept dieses Projektes überzeugt und danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich daran beteiligt haben. Sie haben die Daten generiert, mit denen wir politische Entscheidungen auf wissenschaftlicher Basis fällen können. Sie haben die Daten generiert, die auch anderen Menschen in ganz Deutschland und sogar weltweit zugutekommen, die gern wieder zu Konzerten oder Spielen gehen möchten, die nicht im Freien stattfinden. Es freut uns, dass die Länder Sachsen-Anhalt und Sachsen dieses Projekt finanziell ermöglicht haben“, sagt Prof. Dr. Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Halle.

„Das Experiment war aus unserer Sicht ein absoluter Erfolg, obwohl wir die ursprünglich geplante Teilnehmerzahl nicht erreicht haben. Es hat Spaß gemacht und war nicht nur ein wissenschaftliches, sondern tatsächlich ein kulturelles Erlebnis. Deshalb geht unser großer Dank auch an Tim Bendzko, der zusammen mit seiner Band aus der Konzertsimulation ein reelles Live-Konzert gemacht hat“, sagt Dr. Moritz zum Abschluss.

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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